Die Medizin-Bibliothek der Universitäts- und Landesbibliothek Münster wurde dieses Jahr zum achten Mal in Folge von Studierenden im CHE-Ranking als beste Medizin-Bibliothek Deutschlands ausgezeichnet. Das Erfolgsrezept? Ein konsequenter Fokus auf die Bedürfnisse und die Unterstützung der Studierenden während ihres anspruchsvollen Studiums.
Ein Trend, der sich großer Beliebtheit erfreut, ist das Konzept der Bibliothek der Dinge (BdD).
In diesem Artikel zeigen wir, wie die BdD in der Medizin-Bibliothek Münster umgesetzt wurde, um praxisorientiertes Lernen zu fördern und die Lehre zu bereichern. Außerdem bieten wir Ansätze, wie andere wissenschaftliche Bibliotheken dieses Konzept ebenfalls erfolgreich einführen können.
Das Konzept der BdD hat seine Ursprünge in öffentlichen Bibliotheken (ÖBs). Dort werden neben Büchern auch nicht-textuelle Gegenstände wie Tonies, Küchengeräte oder Werkzeuge verliehen. Wissenschaftliche Bibliotheken können sich an dieser nutzerzentrierten Praxis ein Beispiel nehmen!
In Münster haben wir diese Idee aufgegriffen und an die Bedürfnisse von Medizinstudierenden angepasst. Neben einer breiten Auswahl an medizinischen Übungsmaterialien wie Nahtsets, Stethoskopen und mobilen Ultraschallgeräten bieten wir auch Kurse an, um den Studierenden praktische Fähigkeiten zu vermitteln. So schaffen wir eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis.
Tipp: Dieser Artikel wurde in ähnlicher Weise auf der AGMB-Tagung 2024 von Dr. Nils Beese vorgetragen. Hier gelangen Sie zum Video.
Hintergrund
Die Corona-Pandemie hat die medizinische Lehre grundlegend verändert. Während der schnelle Wechsel zu digitalen Formaten mehr Flexibilität brachte, litt die praktische Ausbildung stark darunter. Studierende konnten häufig nicht den Umgang mit medizinischen Geräten erlernen oder an Präsenzkursen teilnehmen, was zu Defiziten in ihren praktischen Fähigkeiten führte.
Parallel dazu hat sich die Nachfrage gewandelt: Während Online-Ressourcen immer wichtiger wurden, stieg auch das Interesse an nicht-textuellen Medien und Gegenständen, die den Studienalltag erleichtern.
Wissenschaftliche Bibliotheken als „Dritter Ort“ und „Teaching Library“
Wie haben wir die BdD konkret umgesetzt? In Münster wurde die Idee in das Konzept des „Dritten Ortes“ integriert. Unsere Bibliothek ist nicht nur Lernraum, sondern auch ein sozialer Treffpunkt, an dem Studierende praktisch arbeiten und sich austauschen können.
Ein weiteres Konzept ist die „Teaching Library“. Neben der Förderung von Informationskompetenz unterstützen wir Studierende dabei, praktische Fähigkeiten im Umgang mit medizinischen Geräten zu vertiefen.
Naht Know-How & Mehr: Ein Erfolgsmodell
Ein Beispiel für die BdD in Münster ist unser Projekt „Naht Know-How & Mehr“. Dabei können Studierende Nahtsets ausleihen und in Tutorien chirurgische Nähtechniken üben. Besonders für Studierende im 7. und 8. Semester ist dies eine wertvolle Vorbereitung auf Prüfungen.
Positive Effekte
Die BdD stärkt die praktischen Fertigkeiten der Studierenden und erhöht ihr Selbstbewusstsein. Gleichzeitig fördert sie Chancengleichheit, indem medizinische Geräte kostenlos zur Verfügung stehen. Nachhaltigkeit ist ein weiterer Vorteil: Viele Gegenstände werden nur kurz benötigt, sodass eine eigene Anschaffung oft nicht lohnt.
Herausforderungen
Die Umsetzung einer BdD bringt auch Herausforderungen mit sich. Die Finanzierung, der Personalbedarf und die räumlichen Gegebenheiten sind dabei zentrale Punkte. Besonders bei teuren Geräten wie mobilen Ultraschallgeräten ist eine sorgfältige Planung notwendig.
Zukunftsperspektiven
Die BdD ist ein dynamisches Projekt. Geplante Erweiterungen wie Injektionskurse und Synergien mit anderen Einrichtungen auf dem Campus bieten großes Potenzial. Zudem wächst das Netzwerk wissenschaftlicher Bibliotheken, die BdD-Projekte umsetzen.
Fazit
Die „Bibliothek der Dinge“ ist ein innovatives Konzept, das Medizinstudierenden praxisnahe Lernmöglichkeiten bietet und gleichzeitig die Bibliothek als zentralen Lernraum stärkt. In Münster hat sich gezeigt, dass die BdD nicht nur ein Modell für die Gegenwart, sondern auch eine vielversprechende Perspektive für die Zukunft wissenschaftlicher Bibliotheken ist.